Strömungsmesstechnik
Trotz der immer weiter voranschreitenden Entwicklung in den numerischen Berechnungsverfahren, bleiben experimentelle Untersuchungen auf absehbare Zeit ein essenzieller Bestandteil valider Forschung an Turbomaschinen.
An den Prüfständen des Institutes kommen unterschiedliche Messtechniken zum Einsatz, welche individuell an die jeweilige Messaufgabe angepasst sind. Neben klassischen Druck- und Temperaturmessungen, die nahezu in allen Prüfständen zur Bestimmung der globalen Leistungsdaten zum Einsatz kommen, wird auch eine Vielzahl von Sonderlösungen eingesetzt. Hierzu zählen beispielsweise Profildruckmessungen oder Vorderkanteninstrumentierungen. An rotierenden Prüfständen werden auch instationäre Druckmessungen durchgeführt.
Das IST verfügt über eine große Erfahrung in der Auslegung und dem Bau unterschiedlichster Messtechniken. Zudem können am Institut statische Kalibrierungen für Druck und Temperatur, sowie dynamische Kalibrierungen im Freistrahl- Kalibrierkanal durchgeführt werden.
Pneumatische Sonden
Das Institut verfügt über ein Baukastensystem für verschiedene pneumatische Sonden. Dieses wird genutzt, um anwendungsbezogen die geeignete Messtechnik bereitzustellen.
Das Institut bietet die Sondenfertigung und -kalibrierung auch als Dienstleistung an. Darüber hinaus können aber auch individuelle Sonden sowie Sondenverstellvorrichtungen entwickelt und gebaut werden. Eine Kalibrierung an dem Freistrahl-Kalibrierkanal gehört ebenfalls zu dem Leistungsumfang des Institutes. Weitere Informationen dazu finden Sie im Sondenkatalog.
5-Loch-Sonden
5-Loch-Sonden werden zur experimentellen Bestimmung von Strömungswinkeln verwendet und eignen sich für die Untersuchung dreidimensionaler Unterschall-Strömungen. Der empfohlene Machzahlbereich liegt dabei zwischen Ma=0,1 und 0,9. Neben statischem und totalem Druck werden auch Machzahl und Strömungswinkel gemessen.
3-Loch-Sonden
3-Loch-Sonden werden zur experimentellen Bestimmung von zweidimensionalen Strömungsfeldern verwendet und eignen sich für die Untersuchung von wandnahen Strömungen. Der empfohlene Machzahlbereich liegt ebenso wie bei der 5-Loch-Sonde zwischen Ma=0,1 und 0,9.
Die Messgrößen sind Totaldruck, Machzahl und Strömungswinkel.
Kiel-Kopf-Sonden
Kiel-Kopf Sonden zeichnen sich durch eine hohe Winkelunabhängigkeit aus und sind somit besonders zur Bestimmung von Totalgrößen in Strömungen mit unbekannten oder stark variierenden Strömungswinkeln geeignet. Der empfohlene Machzahlbereich liegt ebenso wie bei der 5-Loch-Sonde zwischen Ma=0,1 und 0,9.
Die Sonde kann wahlweise mit einem Thermoelement bestückt werden, so dass neben den genannten Größen auch die Total- sowie die statische Temperatur gemessen werden können.
Hitzdraht-Anemometrie
Das Wirkprinzip dieser Messtechnik ist der Wärmeübergang von einer heißen Oberfläche in ein vorbeiströmendes Medium. Der Wärmeübergang ist abhängig von der Oberflächentemperatur, und den Strömungsgrößen Temperatur, Dichte und Geschwindigkeit.
Messverfahren
Am IST wird das CTA-Verfahren - kurz für "constant temperature anemometry" - eingesetzt, bei dem ein Draht auf einer konstanten Temperatur gehalten wird. Bei bekannter Temperaturdifferenz zum Strömungsmedium besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Heizleistung und dem Wärmeübergangskoeffizienten. Der Wärmeübergangskoeffizient ist proportional zu der sogenannten Massenstromdichte senkrecht zum Messdraht.
Der Zusammenhang ist nichtlinear und richtungsabhängig. Die Messanordnung liefert als Ausgangssignal eine Spannung, die in Abhängigkeit zur Änderung der Wärmeabgabe steht. Die Kalibrierung der Sonde sollte bei der Strömungstemperatur erfolgen, die auch im Messeinsatz herrscht. Falls dies nicht möglich ist, existieren Korrekturverfahren, welche sich allerdings negativ auf die Messgenauigkeit auswirken. Aus den Spannungen einer 3-Draht-Sonde können mit Hilfe von Ausgleichspolynomen die Anströmwinkel der Sonde sowie die Massenstromdichte ermittelt werden. Zur Ermittlung der Strömungsgeschwindigkeit müssen außerdem die Temperatur und der Druck der Strömung bekannt sein.
Grenzen des Einsatzgebietes
Hitzdrahtsonden arbeiten mit Sensorstärken im Mikrometerbereich und sind daher nicht in rauen Umgebungen einsetzbar. Auf Grund der gegenseitigen Beeinflussung der Drähte und der Winkel unter denen diese angeordnet sind, ist der Messbereich im Vergleich zu 5-Loch-Sonden reduziert. Die Sensoren können jedoch instationäre Strömungsvorgänge sehr gut erfassen.
Messgrößen
- Massenstromdichte
- Strömungswinkel (Nick- und Schwenkwinkel)
- Turbulenzgrad
- Reynoldsspannungen
Oberflächenheißfilm-Anemometrie
Messprinzip
Die Heißfilm-Anemometrie beruht auf demselben Funktionsprinzip wie auch die Hitzdraht-Anemometrie. Ein elektrischer Widerstand in Form eines dünnen Metallfilms („Oberflächenheißfilm-Geber“) wird durch eine vorbeiziehende Strömung abgekühlt. Beim Konstant-Temperatur-Anemometer dient beispielsweise die aufzubringende elektrische Leistung, um eine fest gewählte Temperatur des Heißfilm-Gebers zu halten, als Messgröße.
Der Wärmeübergang an einer Wand, und damit auch an einem Heißfilm-Geber ist insbesondere von der Wandschubspannung abhängig. Durch Verwendung mehrerer Heißfilme-Geber lässt sich auf Turbomaschinenschaufeln der qualitative Verlauf der Wandschubspannung bestimmen, der zur Ermittlung des laminar-turbulente Umschlags dient.
Anwendung
Heißfilme werden auf Verdichter- und Turbinenschaufeln zur Bestimmung der Transitionslage aufgebracht. Die einzelnen Sensoren bestehen aus einer 10 μm dicken Gold- oder Nickelschicht von 0,1 mm Breite und 0,9 mm Länge. Sie sind in einem Abstand von 2 - 3 mm auf einer 50 μm dicken Trägerfolie aufgedampft. Die Verbindung der Sensoren mit dem Messsystem wurde in dem oben gezeigten Beispiel mit flexiblen und individuell angefertigten Leiterbahnen gelöst, die die Sensoren mit der Messbrücke verbinden.
Durch eine vorherige Bestimmung des temperaturabhängigen Widerstands des Heißfilm-Gebers kann aus den Messdaten der Verlauf der Wandschubspannung qualitativ bestimmt werden (die sogenannte Quasi-Wandschubspannung).
3D-Laser-Doppler-Anemometrie (LDA)
Verfahren
Die Laser-Doppler-Anemometrie (LDA) ist ein berührungsloses Messverfahren zur punktuellen Messung stationärer und instationärer Geschwindigkeiten in bis zu drei Raumrichtungen.
Bei der Zwei-Strahl-Methode werden für jede Geschwindigkeitsrichtung zwei Laserstrahlen gleicher Wellenlänge fokussiert und in ihrem Fokuspunkt überlagert. Der so gebildete Überlappungsbereich definiert den Messbereich und wird durch ein Interferenzstreifenmuster charakterisiert, das sich parallel zur Strahlkreuzachse bildet.
Werden der Strömung Teilchen (z.B. Öltröpfchen) zugefügt und deren Streulicht beim Passieren des Interferenzstreifenmusters erfasst, wird das registrierte Streulichtsignal als Doppler-Burst bezeichnet. Dieser Doppler-Burst wird zur Signalverarbeitung in einem Gleichstrom- und Wechselstromanteil zerlegt, wobei über die Periodendauer des Wechselstromanteils die Doppler-Frequenz bestimmt wird. Mit der Doppler-Frequenz und dem Interferenzstreifenabstand lässt sich so eine Partikelgeschwindigkeit senkrecht zur Strahlkreuzungsachse ermitteln.
Eine Kalibrierung ist bei diesem Messverfahren nicht erforderlich, da der Interferenzstreifenabstand eine alleinige Funktion des optischen Aufbaus ist (Wellenlänge und Kreuzungswinkel). Vorteilhaft ist außerdem, dass bei Messungen in geschlossenen Messstrecken nur ein optischer Zugang erforderlich ist, da Laserlichtsender und –empfänger beide orthogonal zum selben optischen Zugang positioniert werden können.
Anwendung
Am IST wird das 3D-LDA-System u.a. am Triebwerksradialverdichter und am offenen Freistrahlkanal eingesetzt. Hierzu steht eine traversierbare 3D-Sonde zur Verfügung, die durch die räumliche Anordnung von drei Strahlenpaaren die Geschwindigkeits- und Winkelmessung in drei Raumrichtungen erlaubt. Die Traversierung des Messvolumens erfolgt dabei mittels 6-Achs-Industrieroboter.
Particle Image Velocimetry (PIV)
Die PIV-Messtechnik ist ein laser-optisches Verfahren zur Geschwindigkeitsmessung, mit dem die instantane Erfassung von zwei- bzw. dreidimensionalen Geschwindigkeitsfeldern in Fluiden möglich ist.
Es kann als Erweiterung der Strömungssichtbarmachung gesehen werden, da es neben qualitativen auch quantitative Aussagen über das Strömungsbild erlaubt.
Messprinzip
Das Messprinzip beruht auf der Bestimmung der Verschiebung der in das Fluid eingebrachten Partikel. Diese Partikel werden in einem gepulsten Laser beleuchtet. Mit einer Kamera wird das Streulicht der beleuchteten Partikel in der Strömung aufgenommen. Dazu erfolgen eine Doppelbelichtung oder zwei zeitversetzte Einzelbelichtungen eines CCD-Chips.
Durch eine statistische Auswertung der aufgenommenen Bilder können die Geschwindigkeitsvektoren der Partikel aus der Verschiebung und der Zeit des Belichtungsintervalls ermittelt werden.
Anwendung
Das berührungslose Messverfahren PIV führt zu keiner lokalen Beeinflussung der Strömung, weshalb es auch in sehr kleinen Abmessungen bei ggf. hohen Strömungsgeschwindigkeiten verwendet werden kann. Am IST kommt das Verfahren so u.a. in Radialverdichterdiffusoren zum Einsatz. PIV erlaubt die großflächige Messung des quantitativen Geschwindigkeitsfeldes.
So ist es möglich Strömungsphänomene wie Ablösungen schnell zu detektieren. Die gewonnenen Ergebnisse liefern exzellente Daten zur Validierung von Strömungslösern und tragen so zur Weiterentwicklung und Verbesserung von Turbomaschinen bei.
Strömungssichtbarmachung
Die Sichtbarmachung von Strömungen dient der qualitativen Darstellung. Eingesetzte Verfahren sind beispielsweise Anstrichverfahren, Fadenmethode, Farbeinspritzung oder optische Methoden wie das Schlierenverfahren, bei dem durch Ablenkung eines Lichtstrahls Dichtegradienten dargestellt werden und somit Stöße sichtbar gemacht werden können.
Beim Ölanstrichverfahren wird ein Gemisch aus Öl, Farbpigmenten und Zusatzstoffen auf die Wände des Prüflings aufgetragen. Sobald die Strömung auf die Wand trifft, wird ein Teil des Ölgemisches von der wandnahen Strömung mitgetragen, wodurch sich Stromlinien abzeichnen.
Das Ölanstrichverfahren wird unter anderem am Ringgitterwindkanal des Instituts eingesetzt, um die Leckage an den Penny-Kavitäten von Verstellstatoren zu visualisieren. Durch den Einsatz mehrerer Farben können die Aus- und Einströmgebiete an der Kavität ausgemacht werden. Die Eckenablösung und die vorliegende transitionelle Ablöseblase auf der Schaufelsaugseite können in guter Übereinstimmung mit der CFD ermittelt werden.